Agustin Castilla-Avila & Herbert Mackinger's Cerro Rico (Deutsche)

Cerro Rico
Agu
Herbert Mackinger

Agustin Castilla-Avila & Herbert Mackinger's Cerro Rico (Deutsche)

7 July 2019 /Announcements

Herzlich willkommen !

Wir möchten Ihnen ein neues Projekt vorstellen:

CERRO RICO – die Oper

CERRO RICO – das ist der sogenannte „Silberberg“ im Hochland Boliviens. Die Entdeckung seiner wertvollen Erze weckte die Begehrlichkeiten der jeweils Mächtigen, sodass seit Jahrhunderten Mythologie und Schwerstarbeit den Alltag der indigenen Bevölkerung bestimmen. Der Mangel an Alternativen in einer Höhe von über 4000 Metern Seehöhe zwingt die „Mineros“ zu einem Leben unter Tag mit all seinen Gefahren. Durch heidnische Ergebenheit gegenüber dem unberechenbaren „Tio“ – dem Herrn der Mine, Herrscher über Erze sowie Leben und Tod, versuchen Sie sich das Leben erträglich zu gestalten.

Das Projekt:

Persönliche Begegnungen mit diesen wunderbaren Menschen und ihren fürchterlichen Lebensbedingungen haben uns veranlasst, Text und Musik für eine Oper zu schreiben, die wir diesen Menschen in den Bergwerksregionen des Altiplano widmen.

Wir sind der Überzeugung, dass den Menschen dadurch nicht nur ein künstlerisches „Denkmal“ gesetzt wird, sondern dass durch den Besuch der Oper Wissen und Bewusstsein über die hier im Folgenden skizzierte Situation vertieft werden können.

Oper ist tatsächlich eine kostenintensive Kunstform: Autor, Komponist, Sängerinnen, Orchestermusikerinnen und nicht zuletzt die Aufführungsstätten müssen bezahlt werden. Da wir davon ausgehen, dass zumindest einem Teil der Besucher dieser Webseite – wahrscheinlich auch Ihnen – die beschriebene Situation bekannt ist und vielleicht sogar am Herzen liegt, wagen wir es, auf diese Weise ein Fundraising zu starten. Erste fest Zusagen liegen bereits vor. Im Weiteren finden Sie nun Details zum Projekt.

Oper ´Cerro Rico´: Kurzbeschreibung

Zu Beginn der Oper werden von Bergmännern (Mineros) zwei Tote aus der Mine getragen; die Mineros berichten über die beiden Vorfälle und von den fürchterlichen Arbeitsbedingungen, die sie ertragen müssen. Sie berichten aber auch von den grausamen Spielen, die der „Tio“ - der Fürst der Mine - mit ihnen treibe. Der Tio bestrafe die Bergmänner hart, wenn sie ihm bei der Einfahrt in die Mine nicht den verlangten Respekt zeigen, keinen Tribut leisten - durch Hinterlassen von Kokablättern, Alkohol und Zigarren - oder aber seine Regeln verletzen. Tios strenges Gebot lautet: Weder Frauen noch Priester dürfen die Mine betreten, da dies zum Verschwinden des Erzes führen würde.

Yupanqui, ein geachteter Bergmann, ist trotz seines jungen Alters - wie viele seiner Kollegen - von einer tödlichen Krankheit, der Steinstaublunge (Silikose) befallen. Seine Frau Loma-Tika arbeitet über Tag, indem sie den Abraum nach erzhaltigen Brocken untersucht. Da die beiden weder Söhne noch Alternativen zur mühsamen Bergarbeit haben, ist Yupanqui gezwungen, ihre Tochter Chaska heimlich in das Bergwerk mitzunehmen, um mit ihrer Hilfe überleben zu können. Damit aber hat Yupanqui wissentlich Tios Regel gebrochen und eine schwere Strafe zu erwarten.

Heute erschien Chaska nicht, wie gewöhnlich, zur Arbeit und so muss der kränkelnde Yupanqui alleine dem Tio gegenübertreten, der ihm dieses Mal die Rechnung für das heimliche Einschleusen seiner Tochter präsentiert: „Yupanqui, ich weiß alles über dich! … Du schuldest mir dein größtes Opfer.“ Yupanqui weiß, dass dieses „größte Opfer“ nur Atipay, der Sohn Chaskas, sein kann, denn Atipay ist der einzige männliche Nachkomme und damit derjenige, der das Überleben der Familie sichern kann, wenn er ihm eines Tages in die Mine folgen würde. Bei aller Liebe zu Atipay und seiner Familie ist das Gesetz des Tio jedoch unumstößlich, sein Furor wäre tödlich, möglicherweise sogar für das ganze Dorf. So sieht Yupanqui keine andere Wahl als Atipay zu opfern.

Yupanqui verlässt den Tio um zurück zu gehen zu Loma-Tika. Inzwischen sind Chaska und ihr Sohn Atipay auf der Halde eingetroffen. Yupanqui trifft auf den kleinen Atipay, den er nun, trotz all seiner Verzweiflung, versucht mit einem Felsblock zu erschlagen. Allerdings misslingt dieses Menschenopfer, denn Yupanqui ist bereits zu schwach dafür.

Nun muss Yupanqui sich wohl selbst als Opfer darbringen: Er geht, ohne Arbeitsgerät, in die Mine und seinem Tod entgegen. Tio verhöhnt ihn nun, denn als kranker Mann zähle er als Opfergabe nur wenig. Daher ist auch zu erwarten, dass sich die unmenschlichen Lebensbedingungen und die Tragödie von Gewalt und Tod in der Mine fortsetzen werden.

Die letzte Handlung ähnelt der einführenden: Zwei Tote werden aus der Mine getragen. Einer davon ist offenbar Yupanqui, Loma-Tikas Mann. Schon nach kurzer Pause klopft sie wieder Brocken auf. Der Tod gehört am Cerro Rico dazu - was sonst könnte sie tun?

Ein Ausweg aus der „ewigen Tragödie“ zeichnet sich durch eine Frau ab: Chaska unterstützt zwar noch ihren Vater im Bergwerk, hat aber bereits Zugang zur Bildung und damit eine andere (politische) Problemsicht. Der Schlüssel zur Überwindung des nunmehr 500 Jahre andauernden Elends vom Cerro Rico liegt quasi in „ihren“ Händen.

In zwei Zwischenspielen üben die Bergleute für die Diablada. Darin wird in getanzten Figuren die Geschichte des Tio erläutert: Er, als einer der Herrscher unter den Vorgängern der Inkas - dem Volk der Urus - wurde von der mächtigen Inka-Fürstin in die Unterwelt (Mine) verstoßen. Parallel dazu wird das christliche Motiv der Verstoßung des Luzifer durch den Erzengel Michael aufgegriffen (Luzifer fühlte sich als gottgleich). Dieser Synkretismus ist im Alltag deutlich erkennbar.

Kurze Geschichte des Bergbaus in Bolivien

Die Geschichte des Erzabbaues am Cerro Rico (Quechua: Sumaj Urqu; Provinz Potosi), reicht zurück in die Zeit der Inka. Der Überlieferung nach wurde das Silber des Berges vom Hirten Huallpa entdeckt, der sich in einer eiskalten Nacht an einem Lagerfeuer zu wärmen versuchte: Am nächsten Morgen fand er an der Feuerstelle geschmolzenes und wieder erstarrtes Silber.

Unter den Inka mussten alle Männer zwischen 18 und 60 Jahren jährlich für vier Monate ihre „Mita“ (Arbeitsverpflichtung) antreten, wobei die Mita aber nicht nur die Arbeit in den Minen betraf. Nach der „Entdeckung Amerikas“ nahm diese Mita brutalere Ausmaße an: Jetzt arbeiteten die mitayos oft 16 Stunden täglich, aber auch nach Erreichen der Unabhängigkeit im Jahr 1825 änderte sich wenig daran (auch wenn Vizepräsident José de Sucre die Mita abschaffte). Die „Hochblüte“ der Erzförderung durch die „Zinnbarone“ in der ersten Hälfte des 20. Jhdt. bis zur Verstaatlichung im Jahr 1952 war gleichzeitig die Hochblüte an Ausbeutung. Nach Galeano (1989) hätte der Silberbergbau im Laufe der Jahrhunderte ca. acht Millionen Indios das Leben gekostet. Aufgrund fehlender alternativer Verdienstmöglichkeiten - inmitten einer kargen Landschaft auf über 4000 Metern Meereshöhe – konnte sich nie wirklich etwas ändern.

Die seit 1958 vorherrschende Organisationsform der Arbeiter ist die der „Kooperative“, ein Verbund unabhängiger Personen, die selbstverwaltet gemeinsam „ökonomische, soziale und kulturelle Ziele“ verfolgen. Die Zahl der cooperativistas bzw. socios in Bolivien beträgt ca. 60.000, die damit einen Großteil der Minenarbeiter ausmachen. Am Cerro Rico selbst arbeiten ca. 15.000 solchermaßen organisierte Bergarbeiter. Eine Kooperative erhält von der staatlichen COMIBOL das Schürfrecht für ein bestimmtes Grubenfeld zugewiesen, innerhalb dessen sich dann Arbeitsgruppen einer Kooperative selbst jeweils einen Ort (Flöz) suchen und sich innerhalb dieser Mannschaft den Ertrag sowie Risiko und Kosten teilen.

Neben einigen größeren und wirtschaftlich abgesicherten, existieren zahlreiche sehr „fragile“ Kooperativen. In solchen gibt es oft nur wenige Gemeinsamkeiten (z.B. ein gemeinsames Transportmittel) oder umfassen lediglich Familienmitglieder. Die socios des Cerro Rico können auf eigene Rechnung Hilfskräfte - peones - verpflichten, deren Einkünfte dann geradezu erbärmlich sind (unter 100 € pro Monat). Peones sind häufig jüngere Männer, oder solche die nur kurzfristig Arbeit suchen, in der Regel aber Menschen, die die nötige Einlage (Geld, Gerätschaft) nicht aufbringen können, um den Status des socios in einer Kooperative zu erwerben.

Diesen Kleinkooperativen und zahlreichen Arbeitern, die auf eigene Faust in den Berg gehen um ihr Glück zu versuchen, fehlen die Mittel zur Instandhaltung von Elektrizität (Beleuchtung, Betrieb von Kompressoren), der Liftsysteme, der Belüftung (Schächte), der Abstützung des Gebirges, etc. Es existieren keine verlässlichen Grubenpläne, und viele der Arbeiter haben nicht einmal die minimal nötige Ausrüstung (z.B. Helm, Gasmaske). Sprengungen erfolgen unkoordiniert, verbliebene tragende Stützen aus Fels werden zur Erzgewinnung angebohrt, Wasser dringt vor und flutet die Strecken, etc.

Mit ca. 100 km an Stollen, Strecken und Schächten, die über die Jahrhunderte entstanden sind, gilt der Cerro Rico als ausgehöhlt, was zu zahlreichen Einbrechungen führte. In der Tat ist der Berg heute deutlich niedriger als früher, er soll von ursprünglich 5183 auf 4800 Meter „geschrumpft“ sein (z.B. La Tribuna, 4.3.2010; die Angaben variieren). Vielfach wird vor der „ganz großen“ Katastrophe gewarnt. Trotzdem empfehlen selbst honorige Quellen, wie die UNESCO, die Fortsetzung der Erzförderung am Cerro Rico. Über die Menge des Erzvorkommens und dessen Reinheit gibt es unterschiedliche Meinungen, wobei die optimistischere Variante lautet, dass neben den bisher ausgebeuteten acht Niveaus (à 30 Metern Höhe) weitere zehn noch unangetastete Niveaus noch besserer Güte zur Verfügung stehen (Radio BioBio, Chile, 2010).

Gegen die verheerenden Arbeitsbedingungen haben sich die Bergarbeiter in Bolivien immer wieder gewehrt und sie wurden auf diese Weise stark politisiert. In erster Linie haben sie sich gut gewerkschaftlich organisiert, was von den Machthabern nicht unbeantwortet blieb (z.B.: Septembermassaker von Catavi, 1965; Massaker der Johannesnacht, 1967). Seit der Einführung der Kooperativen geht die Bedeutung der Gewerkschaft allerdings zurück. Ein Grund liegt wohl darin, dass die Gewerkschaft höhere Standards, wie z.B. Arbeitsplatz-Sicherheiten, einführen möchte. In solchen Fällen wäre die wahrscheinlichere Konsequenz jedoch die, dass bestimmte Abbauorte eher gesperrt, anstatt saniert, würden. Und das fürchten die Mineros am meisten.

„Tio“ – der Herr der Mine

Wo es galt Bedrohungen und Ängste abzuwehren (Krankheiten, ausbleibenden Regen, etc.) haben die meisten Kulturen Götter und oft komplexe Mythologien herausgebildet. Im bolivianischen Altiplano setzte sich die Figur des „Tio“ als Herr der Mine durch, dem die Bergleute ihren Tribut leisten, damit er ihnen den Weg zu ergiebigen Erzadern weise und sie vor den zahlreichen Gefahren der Mine (schlagende Wetter, Wassereinbrüche) schütze.

Der Mythos des Tio ist heute noch außerordentlich lebendig: Immer kurz nach dem Mineneingang (Mundloch) und an anderen Plätzen in den Stollen und Strecken finden sich menschengroße Figuren des Tio, meist aus Lehm: Gewundene Hörner, spitze Ohren, Reißzähne, ein großer Penis und ausgeprägte Krallen an Händen und Füßen. Die Bergmänner betreten die Mine und bringen gleich zu Beginn der Einfahrt dem Tio ihr Opfer dar: Kokablätter, Schnaps und eine Zigarre, die dem Tio in den Mund gesteckt wird. Wenn ein Unglück über einen Bergmann hereinbricht, dann wird dieses mit ungenügendem Respekt dem Tio gegenüber bzw. oder aber mit einer rüden Launenhaftigkeit des Tio in Zusammenhang gebracht.

Der Tio ist eine ausgesprochen synkretistische Figur und wird natürlich von der katholischen Kirche als Götze angesehen. Das Reich des Tio ist die Mine - aber selbst diese muss er sich mit einer christlichen Heiligen teilen: der Virgen del Socavon - der Heiligen Jungfrau der Stollen. Die Arbeit in den Minen steht ausschließlich Männern zu, denn - der Legende nach - würden Frauenbesuche in der Mine die Geliebte des Tio zu rasender Eifersucht treiben bzw. würde er seine Geliebte dann nicht mehr befruchten, und damit die wertvollen Erze zum versiegen bringen. Der Mythos vom Tio konnte sich bis heute, besonders bei den Mineros, halten. Über Tag würden aber selbst diese die beiden weiblichen ´Grubenheiligen´ verehren.

Eines ist eindeutig: Außerhalb des Berges hat der Tio kein Recht. Nur zweimal im Jahr verlässt der Tio die Mine, um beim Fest der Virgen del Socavon zu tanzen. Dieses Versprechen hatte ihm die Jungfrau abgenommen. Bei dieser „Diablada“ - (Weltkulturerbe) - werden neben dem Tio zahlreiche mythologische Figuren in prächtigen Kostümen bei choreographierten Tänzen vorgestellt.

Agustín Castilla-Ávila arbeitet als Komponist in Europa, Asien und den USA. Seine Musik wurde unter der Leitung zahlreicher bekannter Dirigenten aufgeführt, u.a. von D. Russel-Davis, J. Kalitzke, T. Ceccherini, A. Soriano, H. Lintu und H. Schellenberger. Er komponierte Solo- und Kammermusik, Orchestermusik, Theater- bzw. Bühnenmusik, Choreographien und fünf Kammeropern. Seine Werke sind publiziert im Doblinger Verlag, in der Edition Bergmann, Da Vinci Edition, Verlag Neue Musik und Joachim Trekel. 2013 erhielt er das Musik-Jahresstipendium des Landes Salzburg. www.castilla-avila.com

Herbert Mackinger, nacido en 1948. Estudió psicología, psicopatología y sociología en Salzburgo y Regensburg (Alemania). Trabajó como psicoterapeuta en el departamento de psiquiatría de la Clínica Christian Doppler en Salzburgo. Profesor de Psicología Clínica y Psicoterapia en la Universidad de Salzburgo (docencia e investigación). Después de retirarse de la Universidad, fundó la Editorial Mackinger, donde comenzó como escritor. Continúa trabajando como psicoterapeuta.

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